3.1 Customer Feedback

Version 1.2 vom 23.08.17

Wie wollt ihr von euren ersten Kunden lernen?

Ein Startup ist eine Lernende Organisation, und die Quelle für das Lernen sind die zukünftigen Nutzer und Kunden seines Produktes. Es ist also wichtig, gute Feedback-Mechanismen zu haben.

In der Planungsphase eines Startups verfügen die Gründer in der Regel über wenige bis keine Kenntnisse über ihren Markt, und es besteht die Gefahr, dass sie sich in ihren Annahmen täuschen und dass ihnen wichtige Informationen fehlen mit dem Ergebnis, dass sie ein Angebot entwickeln, das die Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe verfehlt.

Je genauer die Gründer ihren Markt kennen, desto besser können sie ein Angebot entwickeln, das den Bedürfnissen ihrer Zielgruppe entspricht, eine wettbewerbsfähige Positionierung erlaubt und überzeugende Argumente ermöglicht.

Zwei Arten von Lernen

Es gibt zwei Arten von Lernen, die ein Startup betreiben muss: Exploration und Validierung.

Exploration ist ergebnisoffenes Lernen. Hier geht es darum, die Zielgruppe und deren Situation kennenzulernen, um neue Information zu sammeln. Hier werden Meinungen, Beobachtungen und Vorschläge gesammelt, zum Beispiel:

  • Ideen für weitere Produktfunktionen,
  • Einschränkungen, denen der Kunde unterliegt, die einen Einfluss auf seine Kaufentscheidung haben,
  • Wünsche und Bedürfnisse, die die Gründer nicht gekannt bzw. vermutet haben.

Bei der Validierung geht es darum, die eigenen Hypothesen zu testen. Hier werden gezielt Experimente mit genau spezifizierten Messungen durchgeführt. Beispiele für Validierungsfragen sind:

  • Entspricht unsere Zielgruppencharakterisierung (Kapitel 1.2) der Wirklichkeit?
  • Ist die Produktpositionierung (Kapitel 3.4) für die Zielgruppe überzeugend?
  • Erbringen die Key Features (Kapitel 2.3) des Produktes die geplanten Kundenvorteile (Kapitel 2.1)?

Feedback-Mechanismen

Gründern stehen verschiedene Feedback-Methoden zur Verfügung.

Outcome-Driven Innovation

Antony Ulwick präsentiert mit dem Outcome-Driven Innovation eine Methode, um auch sehr kleine Kundenbedürfnisse zu ermitteln. In einer konkreten Anwendungssituation kann der Nutzer eines Produktes Dutzende solcher Bedürfnisse haben. Die Methode besteht darin, auf eine genau vorgegebene Art und Weise den Nutzer zu beobachten bzw. zu befragen. Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Produkt kann darin liegen, Bedürfnisse aufzudecken und zu bedienen, die bisher unberücksichtigt geblieben sind.

Erlebnisse aus erster Hand

Für die Exploration gibt es die Möglichkeit, zu „hospitieren“. Die Gründer verbringen eine längere Zeit beim Kunden vor Ort und können so die Arbeitsweisen und Probleme ihrer Zielgruppe aus nächster Nähe beobachten.

Im Design wird diese Vorgehensweise Ethnologie genannt. Sie hat von allen Feedback-Methoden das größte Potential, wertvolle, unerwartete Erkenntnisse über die Zielgruppe zu produzieren. Allerdings ist sie auch die aufwendigste aller Methoden.

Get very very close to your customers. Try to work in their office, if you can, and if not, talk to them multiple times a day.

Sam Altman

Landing Pages

Eine Landing Page ist eine einzelne Web-Seite, die benutzt wird, um eine bestimmte Information an eine Zielgruppe zu vermitteln und eine Reaktion durch sie zu ermöglichen. Diese Reaktionen werden mitgezählt und ausgewertet, um Schlussfolgerungen über die Zielgruppe zu machen.

Landing Pages eignen sich für sehr viele Lernzwecke; am häufigsten werden sie benutzt, um Kundenbedürfnisse zu erfassen und Nutzenversprechen zu testen.

Es gibt für Landing Pages Software-Tools und Standardschablonen, sodass sie binnen kurzer Zeit auch von Nicht-IT-Experten erstellt werden können.

Split Tests

Split Tests werden benutzt, um Zielgruppenpräferenzen zu ermitteln. Zwei oder mehr Varianten einer Sache werden unterschiedlichen Mitgliedern der Zielgruppe gezeigt, und ihre Reaktionen werden verglichen. Zum Beispiel könnten zwei verschiedene Nutzenversprechen oder zwei verschiedene Produkt/Preis-Kombinationen getestet werden.

Split Tests werden meistens mit Hilfe von Landing Pages durchgeführt.

Kundeninterviews

Interviews mit Mitgliedern der Zielgruppe eignen sich sowohl für die Exploration als auch für die Validierung. Vorteile eines Interviews im Vergleich zu einer Landing Page oder einer Umfrage sind, dass sie mehr Informationen aufdecken und tiefere Einblicke ermöglichen. Nachteil von Interviews ist natürlich, dass sie viel Aufwand kosten und nicht automatisierbar sind.

Umfragen

Umfragen haben die Vorteile, dass sie mit entsprechenden Software-Tools sehr schnell erstellt und ausgewertet werden können und dass sie mit einer großen Teilnehmergruppe durchgeführt werden können. Umfragen werden beispielsweise dafür genutzt, um Zielgruppen zu charakterisieren und deren Meinungen und Bedürfnisse zu validieren.

Minimum Viable Product

Das Minimum Viable Product ist eine frühe Version eines geplanten Produktes, das gebaut wird, um von zukünftigen Kunden zu lernen. Dabei kann das MVP entweder ein Prototyp oder eine Simulation des Produktes sein. Das MVP sollte so einfach wie möglich sein, um einen schnellen Lernzyklus zu begünstigen.

Mit dem MVP kann beispielsweise getestet werden, …

  • ob es eine Nachfrage nach dem Produkt gibt,
  • welche Features den Nutzern fehlen,
  • ob das Produkt den Erwartungen der Nutzer entspricht.

Das MVP wird im Kapitel 3.3 Learning Prototype näher beschrieben.

Nächste Schritte

Das Airchecker-Beispiel

Das sind die Vorbereitungen und Pläne der Airchecker-Gründer, um Feedback von ihrem Kunden einzuholen:

Teilnehmermaterial

PDF-Dateien zu diesem Kapitel für Teilnehmer an unseren Workshops und Seminaren:

  • Kapitel 3.1 Customer Feedback
  • Arbeitsblatt 3.1.1 Eine Landing Page erstellen
  • Arbeitsblatt 3.1.2 Problem-Solution Fit Interview
  • Arbeitsblatt 3.1.3 Was Kunden wollen
  • Arbeitsblatt 3.1.4 Build, Measure, Learn
  • Arbeitsblatt 3.1.5 PMF Fragebogen entwerfen

Der Zugriff auf die Dateien erfolgt über die Teilnehmerseite.

Externe Links