1.4 Business Model

Version 2.1 vom 24.08.17

Wie wollt ihr Geld verdienen und was ist dafür erforderlich?

Ein Geschäftsmodell ist eine Blaupause für ein Unternehmen. Es beschreibt, wie das Angebot zustande kommt und wie das Unternehmen Geld damit verdient. Es ist eine kompakte Darstellung, die alles Wichtige enthält, um eine Geschäftsidee zu präsentieren und die nicht durch überflüssige Information aufgebläht ist.

Gründer sollten sich schon früh mit ihrem Geschäftsmodell auseinandersetzen, weil es einen großen Beitrag zur Plausibilität ihres Gründungsprojektes liefert: Es muss es einen glaubwürdigen und wirtschaftlichen Weg geben, das geplante Produkt bereitzustellen und den Markt damit zu erreichen. Darum ist der Rohentwurf des Geschäftsmodells die Stufe 1 des Investment Readiness Levels von Steve Blank – er ist für ihn die erste Reifestufe für ein Startup.

Alte und neue Geschäftsmodelle

Die meisten neu gegründeten Unternehmen verwenden bekannte Geschäftsmodelle; in dieser Hinsicht sind alle neuen Restaurants, Anwaltskanzleien und Werbeagenturen identisch. Im Gegensatz dazu können Startups innovative Geschäftsmodelle verwenden, die auch die Grundlage für ihren Erfolg darstellen. Airbnb beispielsweise hat ein Geschäftsmodell erfunden, das private Wohnungsbesitzer und Reisende auf neuartige Weise zusammenbringt.

A business model describes the rationale of how an organization creates, delivers and captures value.

Alexander Osterwalder

Die Vorteile eines Geschäftsmodells

Das Geschäftsmodell ist eine Beschreibung eines Unternehmens, die sich auf die wenigen Elemente beschränkt, die für die Wertschöpfung erforderlich sind. Es hat für Startup-Gründer einige Vorteile:

  • Es ist sehr kompakt. Das Geschäftsmodell kann auf einem einzigen Blatt wiedergegeben werden.
  • Für die Unternehmensgestaltung irrelevante Inhalte sind nicht enthalten und stören dadurch nicht.
  • Sie stellt eine Sprache zur Beschreibung eines Unternehmens bereit. Das erleichtert die Diskussion um das geplante Unternehmen und macht es möglich, die Strategien anderer Unternehmen zu verstehen und gegebenenfalls auch zu übernehmen.
  • Es hilft allen Beteiligten, die selbe Sicht auf ihr gemeinsames Projekt zu gewinnen.
  • Es erleichtert den Vergleich mit Wettbewerbern.
  • Investoren kennen es und bestehen auch darauf. Heutzutage muss jeder Business Plan und jeder Antrag auf Gründerförderung ein Geschäftsmodell enthalten.
  • Die einzelnen Bausteine können individuell betrachtet und ausgetauscht werden. Dadurch ist es leichter, das Modell anzupassen und zu optimieren.

Typische Elemente eines Geschäftsmodells

Es gibt viele verschiedene Vorschläge, wie ein Geschäftsmodell am besten zu beschreiben ist. Sie stellen je nach Anwendung unterschiedliche Aspekte eines Unternehmens in den Vordergrund. Einige typische Elemente sind:

  • Zielgruppe. Der Markt bzw. das Marktsegment, an das Angebot gerichtet wird.
  • Erlösmodell. Wie und für was der Kunde zahlt? (Zum Beispiel Einmalpreis oder Abonnement)
  • Kanäle. Wie das Unternehmen seine Zielgruppe erreicht, zum Beispiel mit Werbung oder Kundensupport.
  • Kundenbeziehungen. Die Art von Beziehung, die das Unternehmen zu seinen Kunden pflegt, zum Beispiel persönlicher Kontakt oder Email-Newsletter.
  • Leistung. Das, was das Unternehmen bereitstellt (meistens ein Produkt oder eine Dienstleistung)
  • Partner. Externe Kooperationspartner, die benötigt werden, um die Leistung bereitzustellen, zum Beispiel Werbeplattforme oder Lieferanten einzigartiger Komponenten.
  • Positionierung. Was das Unternehmen bzw. seine Leistung von allen anderen unterscheidet.

Nur das Notwendigste

Ein wichtiges Leitprinzip bei der Erstellung des Geschäftsmodells ist, nur das Notwendigste hinzuschreiben. Grundsätzlich gilt, dass dort nur Informationen wichtig sind, die benötigt werden, um zu verstehen, wie das Unternehmen ihr Angebot bereitstellen und wie es Geld verdienen will. Dieses Prinzip bedeutet insbesondere:

  • Das Modell enthält keine quantitativen Angaben (zum Beispiel Euro-Beträge bei den Kosten), sondern lediglich qualitative Beschreibungen.
  • Aktivitäten, Kosten usw., die nicht zur Wertschöpfung beitragen, gehören nicht ins Geschäftsmodell. Dazu gehören beispielsweise die Buchführung und der Dienstwagen des Geschäftsführers.
  • Es sind nur die Ressourcen und Partner interessant, die zur Bereitstellung des Angebotes beitragen. (Der Lieferant von Büromaterial hat zum Beispiel keine Erklärkraft, auch wenn das Unternehmen sicherlich Büromaterial benötigen wird.)

Das Business Model Canvas

Eine bestimmte Schablone zur Beschreibung eines Geschäftsmodells erfreut sich einer sehr großen Beliebtheit und ist bei Startups fast zum de facto Standard geworden. Er stammt von Alexander Osterwalder und wird Business Model Canvas (BMC) genannt.

Das BMC bietet wegen seiner großen Beliebtheit einen guten Startpunkt für Gründer, weil viele Beispiele und Beschreibungen dafür im Internet zu finden sind. Ein weiterer Vorteil des BMC ist sein einfacher grafischer Aufbau, sodass er sich gut als Poster für die Bürowand eignet.

Geschäftsmodelle und Business-Pläne

Business Models und Business Plans sind nicht dasselbe. Ein Business Plan ist eine umfangreiche Darstellung eines unternehmerischen Vorhabens, das benutzt wird, um Investitionsentscheidungen zu treffen. Er ist sehr umfangreich – oft 30 oder mehr Seiten lang – und enthält ein Geschäftsmodell als nur einen von vielen Abschnitten. Der Business Plan enthält viele Angaben, die für ein Geschäftsmodell nicht relevant sind, zum Beispiel die Gliederung des geplanten Unternehmens oder eine detaillierte Finanzplanung. Business Plans werden für Startups erst dann relevant, wenn ihre Gründer Investoren suchen.

Für Startups bergen Business Plans eine große Gefahr in sich: Sie werden oft als Zukunftsprognosen behandelt, obwohl sie auf ungesicherten Annahmen basieren. Das kann die Gründer (und ihre Geldgeber) dazu verleiten, sich sklavisch am darin enthaltenen Plan zu halten – selbst dann, wenn es längst klargeworden ist, dass die Wirklichkeit eine andere ist. Dies ist genau der Fehler, der durch Lean Startup vermieden werden soll.

Business plans are made for the kind of people who like sausages but don’t know how they are made.

Yossi Vardi

Anregungen holen

Es kann sich lohnen, Inspiration für ein Geschäftsmodell bei anderen Unternehmen zu suchen, denn manchmal ist ein innovatives Geschäftsmodell der Schlüssel zum Startup-Erfolg. Manche altmodischen Modelle sind ineffizient oder für den Kunden ungünstig, sodass ein neues, verbessertes Modell ein großes Potential in sich bergen kann. Hier sind drei Beispiele für moderne Geschäftsmodelle:

  • „Uberization“. Statt eine Dienstleistung selbst anzubieten schafft das Unternehmen eine Plattform, die unabhängige Anbieter der Dienstleistung vermittelt. Beispiele: Airbnb, Uber.
  • X-as-a-Service. Statt ein Produkt zu verkaufen, mit dem der Kunde selbst eine Aufgabe erledigt, wird eine Dienstleistung verkauft, wodurch der Produktbesitz überflüssig wird. Beispiele: Teilauto, Shapeways, Netflix.
  • Crowdsourcing. Nutzer liefern Inhalte wie Produktideen, Designs oder Medien. Beispiele: Kickstarter, Shapeways, Lego Ideas.

Bemerkungen zum Geschäftsmodell

Das Geschäftsmodell ändert sich während der Gründungsvorbereitung sehr oft. Durch Marktrecherchen und Zielgruppeninterviews werden Schwächen im Originalkonzept klar, und mit zunehmendem Marktverstehen lernen die Gründer bessere Ansätze für ihr Geschäftsmodell kennen. Kleine Änderungen am Modell werden Iterations genannt. Große Änderungen heißen Pivots.

Es gibt Bewertungskriterien für Geschäftsmodelle. Gründer sollten die Qualität ihres Konzepts prüfen, wenn es sich einigermaßen stabilisiert hat.

Hat das Startup einen mehrseitigen Markt (zum Beispiel Werbetreibende und Nutzer bei Facebook), muss sein Geschäftsmodell beide Zielgruppen berücksichtigen.

Die Schlüsselfrage zu diesem Kapitel

  • Kann man auf der Basis der vorliegenden Idee ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen?

Nächste Schritte

  • Ihr seid jetzt am Ende von Phase 1 Plausibility angekommen.
  • Falls ihr unser Arbeitsmaterial verwendet, solltet ihr zuerst alle Aufgabenblätter zu Phase 1 bearbeiten, bevor ihr mit Phase 2 weitermachst.
  • Andernfalls könnt ihr jetzt bei Phase 2: Potential weiterlesen.

Das Airchecker-Beispiel

So sehen die Airchecker-Gründer die erste Version ihres Geschäftsmodells:

Teilnehmermaterial

PDF-Dateien zu diesem Kapitel für Teilnehmer an unseren Workshops und Seminaren:

  • Kapitel 1.4: Business Model
  • Arbeitsblatt 1.4.1: Geschäftsmodell mit dem BMC entwerfen
  • Schablone 1.4.1: Geschäftsmodell mit dem BMC entwerfen
  • Arbeitsblatt 1.4.2: Geschäftsmodell mit KERNWEG bewerten

Der Zugriff auf die Dateien erfolgt über die Teilnehmerseite.

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