Venture Capital

Version 1.0 vom 18.08.17

Gründer brauchen Geld, um ihre Unternehmen zu finanzieren. Für Startups gibt es eine spezialisierte Form von Finanzierung, die Venture Capital genannt wird. Wer ein Startup plant, sollte wissen, wie Venture Capital funktioniert – auch wenn es für ihn erst später aktuell wird – denn es prägt von Anfang an den Charakter seines Unternehmens.

Warum braucht es Venture Capital?

Ein Startup stellt ein großes Risiko für einen Geldgeber dar, denn die Mehrzahl aller Startups scheitert, und Banken sind nicht dazu in der Lage, Darlehen mit derart hohen Risiken zu vergeben. Sie müssten Sicherheiten verlangen, die die Gründer nicht leisten können und einen enorm hohen Zinssatz berechnen.

Stattdessen gibt es Beteiligungskapital, eine Finanzierungsart für Projekte mit einem hohen Risiko. In diesem Fall kauft ein Investor Anteile am Startup und wird somit neben den Gründern zum Miteigentümer. Das investierte Geld wird dann für die Entwicklung des Unternehmens benutzt. Venture Capital (VC) ist eine Kategorie von Beteiligungskapital, die speziell für Startups entwickelt wurde.

Wie funktioniert eine Venture Capital-Gesellschaft?

Venture Capital-Gesellschaften nehmen Geld von Investoren (sogenannten Limited Partners) entgegen und legen damit einen Fonds an. Der Fonds hat eine festgeschriebene Größe – zum Beispiel 100 Millionen Euro – und eine festgeschriebene Lebenszeit – zum Beispiel sieben Jahre. Die Fonds-Manager (die sogenannten General Partners) suchen vielversprechende Startups und kaufen mit dem Fondskapital Anteile an ihnen. Die Menge aller Startups im Fonds wird Portfolio genannt. Am Ende seiner Laufzeit wird der Fonds wieder aufgelöst, und die investierten Beträge nebst Gewinn werden an die Investoren zurückgezahlt. Für ihre Arbeit nehmen die VC-Gesellschaften eine Management-Gebühr sowie eine Erfolgsbeteiligung, die sich nach dem erzielten Fondsgewinn richtet.

VC-Gesellschaften befinden sich also in der folgenden Situation:

  • Ihre Limited Partners erwarten eine hohe Rendite.
  • Jedes einzelne Startup stellt eine sehr risikoreiche Investition dar.
  • Es gibt einen festen Zeitpunkt, zu dem sie die Limited Partner komplett auszahlen müssen.

Diese drei Rahmenbedingungen haben für die Startups im Portfolio der VC-Gesellschaft weitreichende Konsequenzen.

Das Exit

Um ihren Gewinn zu realisieren und an ihre Limited Partners wieder auszahlen zu können, muss die VC-Gesellschaft die Startups in ihrem Portfolio verkaufen. Dieser Verkauf wird Exit genannt.

Ein Exit bedeutet fast immer, dass das Startup an ein Konzern verkauft wird. Die Alternative ist ein Börsengang, der aber nur für sehr groß gewordene Startups in Frage kommt.

Das bedeutet für die Gründer: In dem Moment, in dem eine VC-Gesellschaft bei ihnen einsteigt, arbeiten sie dem Exit entgegen. Ihr eigentliches Produkt ist nicht mehr das, was ihr Startup herstellt und vermarktet, sondern das Startup selbst. Ihre neue Aufgabe besteht darin, ihr Startup für einen Käufer möglichst attraktiv zu machen. Je besser das ihnen gelingt, umso höher wird nach ein paar Jahren der Verkaufspreis für das Startup sein, wovon ihre Investoren, die Mitarbeiter, die Unternehmensanteile besitzen und sie selbst profitieren.

Die Bewertung

Eine zentrale Frage beim Einstieg einer VC-Gesellschaft in ein Startup ist die Bewertung. Investoren und Gründer müssen sich darauf einigen, für welchen Preis der Investor welchen Anteil des Unternehmens erhält. Das Ergebnis kommt einer Bewertung des Unternehmens gleich; Wenn zum Beispiel (etwas vereinfacht) der Investor 500.000€ für einen 10%-Anteil bezahlt, ist die Firma nominell 5 Millionen Euro wert. Hätte er mehr oder weniger bezahlt, oder hätte er für das gleiche Geld einen größeren oder einen kleineren Anteil erhalten, wäre die Bewertung entsprechend anders ausgefallen. Die Bewertung hat später Konsequenzen, wenn es darum geht, eine weitere Finanzierung zu bekommen.

Je größer der Anteil, den die Gründer an ihre Investoren abgeben, desto weniger bleibt natürlich für sie übrig. Der Investor wird sich aber nur dann mit einem geringeren Anteil zufriedengeben (oder eine größere Summe bezahlen), wenn er das Potenzial und die Erfolgschancen des Startups besonders hoch einschätzt.

If you’re a founder, you need to be able to go up to a whiteboard and diagram out how your investors will make money in your startup.

Steve Blank

Ein Rechenbeispiel

Eine VC-Gesellschaft legt einen Fonds mit 10 Millionen Euro auf und kauft bei 10 Startups für eine Million Euro jeweils einen Unternehmensanteil von 25%. Das Renditeziel für den Fonds ist 15% jährlich, und der Fonds hat eine Laufzeit von fünf Jahren.

Die VC-Gesellschaft muss davon ausgehen, dass neun der zehn Startups in ihrem Portfolio nicht erfolgreich werden und dass die entsprechenden Investitionen verloren sein werden. Damit muss das einzig verbleibende Startup den kompletten Fondsgewinn erwirtschaften. Die erfolgreichen Gründer müssen also in fünf Jahren mit Hilfe einer Finanzspritze von einer Million Euro ein Unternehmen bauen, das 80 Millionen Euro wert ist:

Thematische Schwerpunkte

Manche VC-Gesellschaften haben sich auf bestimmte Schwerpunkte spezialisiert. Sie können sich auf bestimmte Entwicklungsphasen konzentrieren, zum Beispiel die Product-Market Fit-Phase oder die erste Wachstumsphase. Hier sind die investierten Beträge sehr unterschiedlich – im ersten Fall beispielsweise um die 500 Tausend Euro und im zweiten Fall einstellige Millionenbeträge.

Andere VC-Gesellschaften investieren nur in bestimmten Branchen, in denen sie sich gut auskennen, zum Beispiel Medizintechnik, Fintech oder E-Commerce.

Die VC-Perspektive

VC-Gesellschaften investieren nur in Startups mit sehr großem Wachstumspotenzial. Nur so können die „Gewinner“ in ihrem Portfolio die erforderliche Rendite für sie erreichen. Darum ist die Markteinschätzung einer der wichtigsten Aspekte ihrer Investitionsentscheidung; Die Startup-Gründer müssen also zeigen, dass sie die Aussicht haben, innerhalb weniger Jahre einen signifikanten Anteil an einem sehr großen Markt für sich erschließen können.

VC-Gesellschaften wollen auch wissen, dass das Startup-Produkt gute Erfolgschancen hat. Aus diesem Grund wollen sie Traction sehen – den Nachweis, dass es eine Nachfrage nach dem Startup-Produkt gibt.

Wenn der Markt attraktiv ist und das Produkt bereits Traction vorweisen kann, sind die Gründer selbst der dritte entscheidende Erfolgsfaktor. Es liegt einzig an ihnen, mit dem investierten Geld ihre Firma zu skalieren und zum Erfolg zu führen. Deswegen ist die Qualität der Gründer der dritte entscheidende Faktor bei der Investitionsentscheidung. Viele prominente Investoren haben erklärt, dass die Gründer für sie das wichtigste Entscheidungskriterium sind.

Eine weitere Konsequenz aus der Arbeitsweise von VC-Gesellschaften ist, dass für sie nur das ganz große Wachstum als Erfolg zählt. Ein Unternehmen, das profitabel arbeitet und moderat wächst gilt unter normalen Umständen als erfolgreich. Einer VC-Gesellschaft hilft das aber nicht, ihr Renditeziel zu erreichen.

Um einen Einfluss auf das Startup ausüben zu können, sichern sich die VC-Gesellschaften ein Mitspracherecht bei wichtigen unternehmerischen Entscheidungen. Sie lassen sich insbesondere das Recht geben, über den Verkauf oder die Abwicklung des Unternehmens zu entscheiden.

Die Gründerperspektive

Startup-Gründer sind auf Kapital angewiesen, um ihr Unternehmen aufzubauen. Es ist möglich, auch sehr große Beträge zu erhalten, wenn sie bereit sind, dafür Anteile an ihrem Unternehmen abzugeben und auf bestimmte Entscheidungsmöglichkeiten zu verzichten.

Mit der Investition ist eine sehr hohe Erfolgserwartung verbunden, und der Druck auf die Gründer ist groß, schnell und stetig zu wachsen. Gelingt dieses Wachstum nicht, müssen sie damit rechnen, dass ihr Investor von seinem Recht Gebrauch macht, ihr Unternehmen wieder zu schließen oder zu unattraktiven Bedingungen zu verkaufen.

Gute VC-Gesellschaften bieten aber viel mehr, als nur Geld. Sie besitzen eine große unternehmerische Erfahrung und haben wertvolle fachliche Kompetenzen beispielsweise in Rechts- und Steuerfragen. Sie stellen einen Mitarbeiter zur Verfügung, der sich regelmäßig mit den Gründern trifft und sie berät und betreut. Sie sind gut vernetzt und können dadurch nützliche Kontakte zu potentiellen Kunden oder Geschäftspartnern herstellen.

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