Problem-Solution Fit

Version 2.0.2 vom 08.08.18

Habt ihr ein Problem gefunden, für das ihr eine bessere Lösung anbieten könnt? 

Startup-Gründer planen, eine neuartige Lösung zu entwickeln für ein Kundenbedürfnis, dessen Existenz sie nur vermuten. Darum besteht ihre allererste Aufgabe darin, zu prüfen, ob dieses Bedürfnis tatsächlich existiert und ob ihre potenziellen Kunden ihre Lösung überhaupt akzeptieren würden. Der erfolgreiche Nachweis dieser beiden Vermutungen wird Problem-Solution Fit genannt. Er ist der erste große Meilenstein im Leben eines Startups.

Before investing months or years of effort towards building a product, the first step is determining if this product is something worth doing. 

Ash Maurya

Problem-Solution Fit auf zwei Fragen reduziert

In seiner einfachsten Form besteht Problem Solution Fit aus nur zwei Fragen an die potenziellen Kunden:

  • Problem. Haben sie das Problem, das die Gründer bei ihnen vermuten?
  • Solution. Würden sie die geplante Lösung akzeptieren (oder besser noch: bevorzugen)?

Zu jeder dieser Fragen gibt es eine Randbedingung:

  • Lohnend: Das Kundenproblem ist genügend weit verbreitet, dass es sich lohnt, dafür eine Lösung zu entwickeln.
  • Realistisch: Die Gründer sind dazu in der Lage, die geplante Lösung zu entwickeln und anzubieten.

Die Bedeutung von Problem-Solution Fit

Ein hoher Anteil an negativen Kundenantworten auf eine der beiden PSF-Fragen bedeutet, dass die Gründer sich getäuscht haben: Ihre Lösungsidee eignet sich nicht als Grundlage für ein Unternehmen.

Erst wenn Problem-Solution Fit erreicht ist, wissen Gründer, dass es Sinn macht, mit ihrem Gründungsplan weiterzumachen. Verzichten sie dagegen auf diese Prüfung, ist das Risiko hoch, dass sie eine Lösung entwickeln, für die kein Kundenproblem existiert. Dies ist der häufigste Grund für das Scheitern von Startups. Darum lautet der Rat des kalifornischen Accelerators Y Combinator: Make something people want!

Es geht (noch) nicht um das Produkt

Bei Problem-Solution Fit geht es nur darum, ob das Lösungskonzept für die Zielgruppe attraktiv erscheint oder nicht. Zu diesem Zeitpunkt existiert das Produkt noch nicht einmal. Um PSF zu testen reicht es aus, wenn die Gründer in einem Zielgruppeninterview nur das Wesentliche an ihrem geplanten Angebot zeigen. Es ist sogar wichtig, keine produktspezifischen Details zu geben, denn sie könnten von der eigentlichen Frage eher ablenken. Erst, wenn Problem-Solution Fit nachgewiesen worden ist geht es darum, ein konkretes Produkt zu entwickeln und für den Markt zu optimieren.

Problem-Solution Fit feststellen

Problem-Solution Fit dient Gründern als Schutz gegen ihre eigene Betriebsblindheit. Aus diesem Grund müssen sie die Bestätigung bei Mitgliedern der (vermuteten!) Zielgruppe holen: Sie müssen ihr Büro verlassen und mit potenziellen Kunden sprechen, um sich ein zuverlässiges Bild zu machen.

There are no facts inside your building, so get the heck outside!

Steve Blank

Eine Faustregel besagt, dass ein gutes Gründer-Team sechs bis zwölf Wochen braucht, um Problem-Solution Fit festzustellen – vorausgesetzt, sie führen mehrere Zielgruppengespräche täglich.

Ein Problem bei der PSF-Prüfung ist, dass die Gesprächspartner sich eine Lösung vorstellen müssen, die noch nicht existiert. Dafür kann es unter Umständen hilfreich sein, wenn die Gründer ein Bild, ein Mock-Up oder ein animiertes Video erstellen, das die geplante Lösung verständlicher macht.

Wünschenswerte Anforderungen an PSF

Es gibt eine Reihe weiterer Fragen an die potentiellen Kunden, die einen Einfluss auf die Attraktivität der Geschäftsidee haben:

  • Wie stark ist ihr Wunsch nach einer besseren Lösung?
  • Wie attraktiv erscheint ihnen die geplante, neue Lösung?
  • Wären sie prinzipiell dazu bereit und imstande, die neue Lösung zu nutzen bzw. zu kaufen?

Je positiver die Antworten auf diese Fragen ausfallen, desto attraktiver ist es für die Gründer, ihre Lösung zu entwickeln.

Weitere nützliche Informationen, die anfallen können

Im Rahmen der PSF-Gespräche können Gründer viele weitere nützliche Informationen von ihren zukünftigen Kunden erhalten, zum Beispiel:

  • Ideen, die ihr Produkt attraktiver machen
  • Eigenschaften, die das Produkt mindestens aufweisen sollte
  • Nützliche Information, um den Anwendungskontext besser zu verstehen
  • Hürden, die Kunden bei einem Wechsel zur neuen Lösung überwinden müssen
  • Warum sie mit ihrer derzeitigen Lösung unzufrieden sind

Aus diesem Grund bestehen PSF-Interviews aus zwei Abschnitten: Im ersten, neutralen Abschnitt lernen die Gründer die Situation des Gesprächspartners kennen, und erst im zweiten Abschnitt stellen sie die eigentlichen Validierungsfragen.

Nach dem Problem-Solution Fit

Nach Validierung des Problem-Solution Fit können die Gründer mit der konkreten Arbeit an ihrer Geschäftsidee beginnen, zum Beispiel ihr zukünftiges Geschäftsmodell skizzieren, Schlüsselmerkmale und Positionierung festlegen und ihr erstes Minimum Viable Product entwickeln. Diese Bausteine testen und optimieren sie über viele Monate hinweg bis sie den wichtigsten Meilenstein für ihr Startup erreicht haben: das Product-Market Fit.

Problem-Solution Fit im Playbook

Die Bestandteile des Problem-Solution Fit werden im Arbeitsmaterial zu den Kapiteln 1.1 Customer Need, 1.2 Target Market und 1.3 Solution Concept erarbeitet. Die Methoden, um Zielgruppenfeedback zu bekommen, sind im Arbeitsmaterial zu Kapitel 3.1 Customer Feedback zu finden.

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